
Camp Sweden organisiert Reisen zu Spielen der schwedischen Nationalmannschaft. Susanne Petersson aus Vellinge ist seit vier Jahren Vorsitzende. Sie hat unzählige Spiele im Ausland besucht.
Susanne Petersson, sind Sie noch in Brüssel?
Ja. Wir warten auf unseren Rückflug, der hoffentlich heute noch geht. Bis dahin sollen wir unsere Hotels nicht verlassen. Und wenn wir es tun, dann nur mit neutraler Kleidung.
Wie viele schwedische Fans waren gestern beim Spiel?
Ungefähr 500. Die meisten hatten sich schon um 15 Uhr getroffen und sind dann gemeinsam zur Arena spaziert. Der Rest ist per Auto oder Bus gekommen. Die Stimmung war richtig toll. Entspannt und vorfreudig.
Nach Koran-Verbrennungen in Stockholm war es international zu starken Protesten und Gewaltaufrufen gegen Schweden gekommen. Der schwedische Geheimdienst hatte die Terrorwarnstufe angehoben, er sah eine „konkrete Gefahr“. Haben Sie vor dem Spiel in Belgien andere Sicherheitsvorkehrungen getroffen als sonst?
Wie immer habe ich mich mit der schwedischen Polizei über die Abläufe und das Thema Sicherheit unterhalten. Es wurde auch kurz die Trikotfrage besprochen.
Mit welchem Ergebnis?
Wir wollten Trikots tragen. Wissen Sie, es ist für uns einfach keine Option, zu einem Fußballspiel zu gehen, ohne unsere Farben zu zeigen. Es will mir nicht in den Kopf, dass mich ein Fußballtrikot zum Mordopfer machen kann. Es ist unbegreiflich.
Die Morde passierten gegen 19 Uhr. Was wussten Sie bei Anpfiff?
Nichts. Erst im Laufe der ersten Halbzeit bekam ich eine Nachricht von einem Verbandsmitarbeiter. Er schrieb, dass etwas passiert ist oder passiert sein könnte. Details hatte er noch nicht.
Was wussten die Spieler?
Nach meinen Informationen hatten sie vor dem Spiel auch nichts mitbekommen.
In einer schwedischen Zeitung erzählt eine Anhängerin, dass Sie auf dem Weg zum Stadion die Schüsse gehört hatte. Danach fuhr auch sie zum Spiel. Es musste also Gerüchte gegeben haben.
Während der ersten Halbzeit klingelten sehr viele Handys im Block. Und ja, dann machten auch Gerüchte die Runde, einige glaubten, in der Stadt hätte es einen Banküberfall oder ähnliches gegeben. Dass dort etwas passiert war, das mit uns zu tun hatte, ahnte niemand. Erst in der Halbzeitpause erfuhr ich, dass jemand zwei schwedische Fußballfans erschossen hatte.
Die Mannschaften entschieden, das Spiel abzubrechen.
Alle versuchten, an Informationen zu kommen, aber das Internet war sehr schwach. Ich bin also durch die Reihen gegangen und habe den Leuten erzählt, was ich wusste. Viele Fans standen zusammen, einige haben angefangen zu singen. Ich weiß aber nicht mehr, was. Es ist alles sehr verschwommen. Wir waren wie im Schockzustand.
Wie ging es weiter?
Mit Verweis auf die Bedrohungslage sollten wir im Stadion bleiben. Dort sei es sicherer. Im Spielertunnel bekamen wir etwas zu essen. Ich sprach auch mit Nationaltrainer Janne Andersson. „Wir stehen zusammen“, sagte er.
Wie lief das Verlassen des Stadions ab?
Die Fans wurden in die Katakomben gebracht und mussten sich dort registrieren. Danach wurden sie in Bussen samt Polizeieskorte zu ihren Hotels gebracht. Die meisten konnten um Mitternacht raus, ich blieb bis vier Uhr morgens und bin im letzten Bus zum Hotel gefahren.
Schwedens U21 spielt heute in Georgien. Hätte man die Partie absagen sollen?
Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht. Auch nicht, wie es mit den Spielen der ersten Mannchaft weitergeht. Wir haben ja im November noch eine Partie in Aserbaidschan. Wie wirkt sich das alles auf unser Leben und unsere Reisen aus? Wir sind es gewohnt, Trikots zu tragen. Nicht nur im Stadion, sondern auch im Urlaub, auf Mallorca am Strand, in der Freizeit. Ich bin fassunglos. Vermutlich brauchen wir alle jetzt ein bisschen Zeit, um zu verstehen, was da passiert ist.
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